12. Sonntag nach Trinitatis (22.08.)2021

  • Eröffnung

Das geknickte Rohr wird er nicht zerbrechen, und den glimmenden Docht wird er nicht auslöschen. Das verheißt uns der Prophet Jesaja. Ein hoffnungsvoller und stärkender Blick auf Gott. Schön, dass wir diesen Blick auf Gott und auf uns hier miteinander einüben können.

  • Ein Lied: Nun lob, mein Seel, den Herren (EG 289)

https://www.youtube.com/watch?v=Bf6g7QyYIk

1) Nun lob, mein Seel, den Herren, was in mir ist, den Namen sein.
Sein Wohltat tut er mehren, vergiss es nicht, o Herze mein.
Hat dir dein Sünd vergeben und heilt dein Schwachheit groß,
er rett‘ dein armes Leben, nimmt dich in seinen Schoß,
mit reichem Trost beschüttet, verjüngt, dem Adler gleich;
der Herr schafft Recht, behütet, die leidn in seinem Reich.

2) Er hat uns wissen lassen sein herrlich Recht und sein Gericht,
dazu sein Güt ohn Maßen, es mangelt an Erbarmung nicht;
sein‘ Zorn lässt er wohl fahren, straft nicht nach unsrer Schuld,
die Gnad tut er nicht sparen, den Schwachen ist er hold;
sein Güt ist hoch erhaben ob den‘, die fürchten ihn;
so fern der Ost vom Abend, ist unsre Sünd dahin.

3) Wie sich ein Mann erbarmet ob seiner jungen Kindlein klein,
so tut der Herr uns Armen, wenn wir ihn kindlich fürchten rein.
Er kennt das arm Gemächte und weiß, wir sind nur Staub,
ein bald verwelkt Geschlechte, ein Blum und fallend Laub:
Der Wind nur drüberwehet, so ist es nimmer da,
also der Mensch vergehet, sein End, das ist ihm nah.

4) Die Gottesgnad alleine steht fest und bleibt in Ewigkeit
bei seiner lieben G’meine, die steht in seiner Furcht bereit,
die seinen Bund behalten. Er herrscht im Himmelreich.
Ihr starken Engel, waltet seins Lobs und dient zugleich
dem großen Herrn zu Ehren und treibt sein heiligs Wort!
Mein Seel soll auch vermehren sein Lob an allem Ort.

5) Sei Lob und Preis mit Ehren Gott Vater, Sohn und Heilgem Geist!
Der wolle in uns mehren, was er aus Gnaden uns verheißt,
dass wir ihm fest vertrauen, uns gründen ganz auf ihn,
von Herzen auf ihn bauen, dass unser Mut und Sinn
ihm allezeit anhangen. Drauf singen wir zur Stund:
Amen, wir werden’s erlangen, glaubn wir von Herzensgrund.

  • Aus Psalm 147 – die zerbrochenen Herzens sind

Lobet den HERRN! /
Denn unsern Gott loben, das ist ein köstlich Ding,
ihn loben ist lieblich und schön.
Der HERR baut Jerusalem auf
und bringt zusammen die Verstreuten Israels.
Er heilt, die zerbrochenen Herzens sind,
und verbindet ihre Wunden.
Er zählt die Sterne und nennt sie alle mit Namen.
Unser Herr ist groß und von großer Kraft,
und unermesslich ist seine Weisheit.
Der HERR richtet die Elenden auf
und stößt die Frevler zu Boden.
Der HERR hat Gefallen an denen,
die ihn fürchten, die auf seine Güte hoffen.

  • Evangelium nach Markus 7,31-37 – die Sprachlosen reden

Und als Jesus wieder fortging aus dem Gebiet von Tyrus, kam er durch Sidon an das Galiläische Meer, mitten in das Gebiet der Zehn Städte. Und sie brachten zu ihm einen, der taub war und stammelte, und baten ihn, dass er ihm die Hand auflege. Und er nahm ihn aus der Menge beiseite
und legte ihm die Finger in die Ohren
und spuckte aus
und berührte seine Zunge
und sah auf zum Himmel
und seufzte
und sprach zu ihm: Hefata!, das heißt: Tu dich auf!
Und sogleich taten sich seine Ohren auf, und die Fessel seiner Zunge wurde gelöst, und er redete richtig. Und er gebot ihnen, sie sollten’s niemandem sagen. Je mehr er’s ihnen aber verbot, desto mehr breiteten sie es aus. Und sie wunderten sich über die Maßen und sprachen: Er hat alles wohl gemacht; die Tauben macht er hören und die Sprachlosen reden.

  • Gedanken zum Evangelium

Jesus nimmt, Jesus legt, Jesus spuckt, Jesus berührt, Jesus sieht auf, Jesus seufzt und, schließlich, Jesus spricht. Jesus handelt. Sein Sprechen ist nur eine Tat unter vielen. Wie ungewöhnlich das klingt. Jesu Worte haben einen festen Platz in unseren Gottesdiensten. Seine Taten weniger. Aber hier eine ganze Kaskade von Tätigkeiten. Ein Verb nach dem anderen. Und dann nur ein Wort. Hefata. Tu dich auf.
Reicht nicht ein Wort? In der heutigen Medizin ergibt das Verhältnis zwischen Handlung und Wort einen guten Sinn. Leidet etwa ein Mensch an Rückenschmerzen, dann gibt es Diagnosen, bildgebende Verfahren, Rückenschulen, Operationen und Rehamaßnahmen. Alles mehr oder weniger handfeste Behandlungsmethoden. Gespräche, also Worte – nicht nur im Sinne einer Psychotherapie – gehören aber auch dazu.
Handfeste Behandlungsmethoden gehören auch bei Jesus dazu. Mir kommt das zwar ein wenig seltsam vor. Finger in die Ohren legen, ausspucken (wohin?) und Zunge berühren. Nicht gerade die Standardmethoden der Schulmedizin. Allerdings weiß man heute auch, dass das Pusten auf ein Aua durchaus hilft. Das ist schon ziemlich nah an dem einen Wort – Hefata.
Neben den auf den Körper gerichteten Maßnahmen Jesu gibt es aber auch andere. Er seufzt und sieht zum Himmel auf. Eine Gebetshaltung. Die Kraft Gottes gehört mit dazu. Besonders berührt mich aber seine erste Tat. Er nimmt den Kranken aus der Menge beiseite. Jesus schafft ihm einen Raum, in der die beiden unter sich sind mit Gott. Ein Raum für Vertrauen und Sicherheit. Es geht niemanden etwas an, was die beiden jetzt miteinander tun und reden. Könnte es sein, dass es nicht nur diesem Mann in der Menge die Sprache verschlägt? Wie wähle ich meine Worte abhängig von den Menschen, die mich umgeben?
Wenn mich etwas gefangen nimmt, kann das durchaus etwas Schönes sein. Aber ebenso kann es mich nachhaltig hindern, das zu tun und zu sagen, was wichtig und an der Zeit wäre. Das Beispiel der Behandlung von Rückenschmerzen zeigt, dass es nicht nur körperliche Beschwerden sind, die Krankheiten auslösen können. Alles aber, was Jesus tut, deutet auf eines hin: Der taube und stammelnde Mann ist Gottes geliebtes Kind ebenso wie alle anderen, die gesund sind. Alles an ihm ist schön. Sein Ohr und seine Zunge, sein Reden und sein Leiden, sein Glauben und seine Bedürfnisse. Sie sind aber gefesselt. Nicht nur durch sein Leiden, sondern auch durch die Erwartungen und Anforderungen der Menschen um ihn. Schwer zu sagen, ob in böser oder in guter Absicht. Deshalb nimmt Jesus ihn als erstes aus der Menge beiseite. Betet und seufzt zu Gott. Er schafft eine Raum, in dem der Mensch so sein kann, wie Gott ihn geschaffen hat. Dann braucht es nur noch ein Wort – Hefata.
Amen.

  • Miteinander und füreinander beten

Löse die Fesseln unserer Zungen, Herr,
dass wir deutlich sagen können, was uns das Herz schwer macht.
Für den Frieden in der Welt.
Für die Menschen in Afghanistan. Niemand soll wegen religiöser Ideen leiden.
Jeder und jede soll so leben können, wie es ihm oder ihr gut tut.
Für den Frieden mit Gott.
Für eine Gemeinde, in der Freude und Dankbarkeit; aber auch Klage und Leid geäußert werden können. In der, frei von sozialen Zwängen, liebevoll und zärtlich miteinander gebetet, gesungen und nachgedacht werden kann.
Für den Frieden in unserem Land.
Für ein gedeihliches Miteinander, für gute und, notfalls, auch harte Auseinandersetzungen. Für die Einsicht, dass hier für eine große Vielfalt von Lebensweisen Platz ist. Auch wenn uns die Meinungen und Ansichten nicht gefallen.
Für den Frieden mit uns selbst.
Für einen offenen Blick auf uns selbst. Der nicht durch verstellt ist durch den Blick anderer. Der feststellt, so schön hast Du mich gemacht, Gott.
Mit den Worten Jesu beten wir:

Vater unser im Himmel,
geheiligt werde Dein Name.
Dein Reich komme.
Dein Wille geschehe,
wie im Himmel, so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute.
Und vergib uns unsere Schuld,
wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung,
sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich und die Kraft
und die Herrlichkeit in Ewigkeit.
Amen.

  • Segen

Der Herr segne uns durch seinen Geist
der uns zum Leben und zum Frieden weist.
Er segne unser Lassen und unser Tun,
in seinen Händen könn‘ wir ruhn.
Amen.

(Pfr. Olaf Wisch)