16. Sonntag nach Trinitatis 2020

  • Eröffnung

Eine Kerze anzünden. Still ins Kerzenlicht schauen.Der Spruch für die kommende Woche aus dem 1. Kapitel im 2. Timotheusbrief lautet: Christus Jesus hat dem Tode die Macht genommen und das Leben und ein unvergängliches Wesen ans Licht gebracht durch das Evangelium. Diese Gewissheit begleite uns durch die neue Woche.

  • Lied: Schenk uns Weisheit, schenk uns Mut

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Schenk uns Weisheit, schenk uns Mut,
für die Ängste, für die Sorgen,
für das Leben heut und morgen:
Schenk uns Weisheit, schenk uns Mut.

Schenk uns Weisheit, schenk uns Mut,
für die Wahrheit einzustehen
und die Not um uns zu sehen:
Schenk uns Weisheit, schenk uns Mut.

Schenk uns Weisheit, schenk uns Mut,
für die Zeit in der wir leben;
für die Liebe, die wir geben:
Schenk uns Weisheit, schenk uns Mut.

Schenk uns Weisheit, schenk uns Mut,
für die vielen kleinen Schritte.
Gott, bleib du in unsrer Mitte:
Schenk uns Weisheit, schenk uns Mut.

  • Psalm 68

Die Gerechten sind freuen sich und sind fröhlich vor Gott
und freuen sich von Herzen.
Singet Gott, lobsinget seinem Namen!
Macht Platz dem, der auf den Wolken einherfährt;
Er heißt HERR. Freuet euch vor ihm!
Ein Vater der Waisen und Helfer der Witwen
ist Gott in seiner heiligen Wohnung,
ein Gott, der die Einsamen nach Haus bringt,
der Gefangenen herausführt,
dass es ihnen wohlgehe;
aber die Abtrünnigen bleiben in dürrem Lande.
Gelobt sei der Herr täglich.
Der Herr legt uns eine Last auf, aber er hilft uns auch.
Wir haben einen Gott, der da hilft,
und den HERRN, einen Herrn, der vom Tode errettet.
Gebt Gott die Macht! Seine Herrlichkeit ist über Israel
und seine Macht in den Wolken.
Zu fürchten bist du Gott, in deinem Heiligtum.
Er ist Israels Gott.
Er wird dem Volk Macht und Kraft geben.
Gelobt sei Gott!
AMEN.

  • Worte aus dem 2. Brief an Timotheus im Kapitel 1,7-10

Gott hat uns nicht gegeben den Geist der Furcht,
sondern der Kraft und der Liebe und der Besonnenheit.
Darum schäme dich nicht des Zeugnisses von unserem Herrn
noch meiner, der ich sein Gefangener bin,
sondern leide mit für das Evangelium in der Kraft Gottes.
Er hat uns selig gemacht und berufen
mit einem heiligen Ruf,
nicht nach unserem Werken,
sondern nach seinem Ratschluss
und nach der Gnade, die uns gegeben ist
in Christus Jesus vor der Zeit der Welt,
jetzt aber offenbart ist durch die Erscheinung
unseres Heilands Christus Jesus,
der dem Tode die Macht genommen
und das Leben und ein unvergängliches Wesen
ans Licht gebracht hat durch das Evangelium.

  • Gedanken zum Text

Es ist fast zwei Jahre her. Ich sehe ihn noch vor mir, unseren ältesten Enkel.
Aufgeregt, eine Mappe mit Zeichnungen in der Hand, die er uns Großeltern zeigt.
Damit will er zum Aufnahmegespräch an die „Burg“ und hofft, einen Studienplatz für ein Lehramtsstudium zu bekommen.
„Die nehmen mich bestimmt nicht, es wird nicht reichen“, so seine Sorgen.
Wir Großeltern sprechen ihm Mut zu. „Du schaffst das, du kannst etwas, du bist gut.“
Und so macht sich der 19jährige auf den Weg in den Ernst des Lebens.
Wir bleiben zurück und hoffen, dass ein wenig von unserer Zuversicht und unserem Vertrauen in sein Können mit ihm geht.
So ähnlich hat sich das wohl auch der Verfasser des 2. Timotheusbriefes gedacht, aus dem wir die Lesung gehört haben. Timotheus gilt als enger Vertrauter und Mitarbeiter des Paulus. Und er hat den Zuspruch wohl bitter nötig. Er sitzt in seiner Gemeinde in Kleinasien und soll die Arbeit fortführen, die Paulus begonnen hat. Dass das fürwahr keine leichte Aufgabe ist, weiß er aus der Zeit als er Paulus auf seinen Reisen quer durch die damals bekannte Welt begleitete.
Immer waren sie unterwegs um das Evangelium unter die jungen christlichen Gemeinden zu bringen. Dazu gehörten auch Ablehnung, Rückschläge und damit natürlich auch Furcht vor Repressalien. Furcht ist normal. Zumal, wenn man unter fremde Menschen gerät, Rede und Antwort stehen muss, misstrauisch angesehen wird. Und das eigene Verhalten an einer Botschaft
ausrichten muss, die in vielen Fällen im Widerspruch zu anderen Botschaften steht.
Das ist nicht einfach und Timotheus wird ab und an jemanden gebraucht haben, der ihm gut zuredet, ihm Mut macht und ihn unterstützen will. Dazu gehört dieses „Mutmachwort“ – „Gott hat uns nicht gegeben den Geist der Furcht, sondern der Kraft und der Liebe und der Besonnenheit“.
Das gilt nicht nur für Timotheus damals sondern ebenso für uns heute.
Es geht dem Verfasser des Briefes nicht nur um Timotheus „Uns“ heißt es da. Er kennt offenbar diese Situationen und Erfahrungen, wo die frohe Botschaft, die verkündet wird nichts ausrichtet.
Wo die Furcht vor den Auswirkungen klarer Rede aufkommt, und man lieber den Kopf in den Sand
steckt und den lieben Gott einen guten Mann sein lässt.
Da fehlt die „Gottesfurcht“, die Achtung vor Gott. Da geht es um den Stellenwert Gottes im eigenen Leben. Ist er der „bärtige alte Mann im Himmel“ oder ist er „der Herr meines Lebens und allen Lebens“. Gilt für mich „Gott ist der Herr des Lebens“ macht es frei für die Liebe zu allem, was da kreucht und fleucht. Da ist dann die Achtung vor Gott und seinem Willen. „Gottesfurcht“ kein antiquierter Begriff – sondern eher ein Wort des Jahres oder aller Zeiten.

Timotheus kannte den Begriff sicher. Sein Name heißt auf deutsch soviel wie „Er fürchtet Gott“.
Doch auch Timotheus schafft es nicht, in letzter Konsequenz für diesen Gott einzustehen, den er den Herrn seines Lebens sein lässt.
Wir können Timotheus verstehen, spielt doch in vielen Diskussionen innerhalb unserer Kirchen nicht die Gottesfurcht die Hauptrolle, sondern die Furcht vor Bedeutungsverlust, Mitgliederschwund und Mangelverwaltung. Die Furcht vor einer Zukunft, in der christlicher Glaube mit all seinen Positionen, Werten und Haltungen nur noch eine Randerscheinung ist, nimmt die Zuversicht, den Mut und kostet uns die Besonnenheit.
Da kann uns Gott eigentlich sinnbildlich „nur noch in die Arme nehmen“ und Mut zusprechen, Mut, den wir allein gar nicht aufbringen müssen. Gott gibt. Immer wieder. Nicht den Geist der Furcht, sondern der Kraft der Liebe und der Besonnenheit. Weil selbst die Gottesfürchtigen Zuspruch brauchen. Mit ihrem Anspruch, Gottes Anspruch in dieser Welt Stimme und Gewicht zu geben. Und andere Menschen davon zu überzeugen, dass dieser Anspruch Zuspruch für ihr Leben ist.
Doch wir gehen oft verloren im Spannungsfeld von Anspruch und Zuspruch.
Vermissen den Zuspruch und scheitern am Anspruch.
„Gott hat uns nicht gegeben den Geist der Furcht, sondern der Kraft und der Liebe und der Besonnenheit.“ Reiner Zuspruch. Gott nimmt uns in den Arm.
Nur Mut. Du kannst das. Du schaffst das. Weil meine Kraft und meine Liebe und meine Besonnenheit mit dir gehen in den Ernst des Lebens.
Und gerade diese drei guten Geister Gottes können wir nun wirklich brauchen im Streit der Geister unserer Tage.
Zum Beispiel in den endlosen Debatten um die Zukunft unserer Kirche. Da brauchen wir eindeutig Besonnenheit. Das Schiff, das sich Gemeinde nennt wird nicht untergehen. Weil es Gottes Schiff ist. Es braucht sicher Kursänderungen. Da helfen aber weder Panik noch Resignation. Da braucht es eine Mannschaft, die Gottes Horizont in den Blick nimmt und den richtigen Kurs findet.
„Man lässt keine Menschen ertrinken!“ Punkt. Dieser Satz vom Kirchentag 2019 lässt aufmerken.
Debatten über Flüchtlingsquoten und Fluchtursachen retten kein einziges Menschenleben. Helfen können nur die, die Menschen aus dem Wasser ziehen und an Bord nehmen.
So hat es Jesus gemeint als er sich den Ärmsten und Schwächsten zugewendet hat.
Die Entscheidung, im Namen der Kirche ein Seenotrettungsschiff auszuschicken, hat viel mit dem Geist spürbarer und sichtbarer Liebe zu tun.
Da ist auch das politische Klima in der Welt aber auch in unserem Land.
Wie kann eine gelingende Kommunikation aus christlicher Perspektive mit einer mehr oder minder gesprächsbereiten Umwelt geführt werden,
wenn Kommunalpolitiker Personenschutz benötigen, Juden sich täglich bedroht fühlen, Muslime unter kriminellen Generalverdacht geraten?
Das ist mühsam und kostet viel Geduld. Aber es ist letztlich der einzige Weg, der zu gesellschaftlichem Frieden führt. Dafür brauchen wir Rückgrat und Rückenwind, dafür brauchen wir Kraft und Liebe und Besonnenheit.
Es waren sicher nicht unsere Probleme, die Timotheus umgetrieben haben. Aber die Fragen nach gelingendem Leben in der christlichen Gemeinde, die alle, auch die Armen und Schwachen einbezieht, die waren auch ihm bekannt. Und so sind die alten Worte der Bibel auch für uns heutige Menschen relevant: Gott hat uns nicht gegeben den Geist der Furcht, sondern der Kraft, der Liebe und der Besonnenheit.
Amen.

  • Ein Gebet miteinander und füreinander

Vor dich, Gott bringen wir unsere Sorgen und Nöte.
Wir können sie nicht allein bewältigen. Wir brauchen dich.
Wir legen dir die vielen Flüchtlinge ans Herz, die jetzt unterwegs sind.
Verletzt an Leib und Seele.
Umhergestoßen und angefeindet – Erwachsene und Kinder.
Hilf du!
Und hilf uns zu helfen.
Wir legen dir die Menschen ans Herz, die Verantwortung tragen.
Die Regierenden in den Krisenländern, die Regierenden bei uns.
Frieden wünschen wir für uns und alle Menschen.
Wir legen dir die Menschen ans Herz, die niemand liebend berührt.
Menschen, die traurig oder einsam sind.
Gib Mut auf sie zuzugehen, dass sie Zuwendung erfahren.
Wir legen dir die Menschen ans Herz, die sich engagieren
in unseren Gemeinden, in Vereinen, Initiativen oder in ihrer Nachbarschaft.
Gib ihnen Kraft für ihr Tun.
Wir wollen dir nahe sein. Sei bei uns und stärke uns.
Das bitten wir mit dem Gebet, dass uns dein Sohn zu beten gelehrt hat.

Vaterunser im Himmel,
geheiligt werde dein Name.
Dein Reich komme.
Dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute.
Und vergib uns unsere Schuld,
wie auch wir vergeben unseren Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung,
sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich und die Kraft
und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.

  • Segen

Gott sei uns gnädig und segne uns.
Er lasse uns sein Antlitz leuchten.
Gott segne uns, und alle Welt fürchte ihn.

(Lektorin Gudrun Naumann)