- Eröffnung
Dein König kommt in niedern Hüllen, so beginnt das Wochenlied für diesen Sonntag. Sein Königtum können wir Jesus nicht ansehn. Das sich darin die besondere Kraft Gottes entfaltet, ist der Kerngedanke des Sonntags Palmarum. Reihen wir uns also ein in den Zug der Menschen, die diesen König begrüßen.
- Ein Lied: „Dein König kommt in niedern Hüllen“ (EG 14)
1) Dein König kommt in niedern Hüllen, ihn trägt der lastbarn Es’lin Füllen,
empfang ihn froh, Jerusalem! Trag ihm entgegen Friedenspalmen,
bestreu den Pfad mit grünen Halmen; so ist’s dem Herren angenehm.
2) O mächt’ger Herrscher ohne Heere, gewalt’ger Kämpfer ohne Speere,
o Friedefürst von großer Macht! Es wollen dir der Erde Herren
den Weg zu deinem Throne sperren, doch du gewinnst ihn ohne Schlacht.
3) Dein Reich ist nicht von dieser Erden, doch aller Erde Reiche werden
dem, das du gründest, untertan. Bewaffnet mit des Glaubens Worten
zieht deine Schar nach allen Orten der Welt hinaus und macht dir Bahn.
4) Und wo du kommst herangezogen, da ebnen sich des Meeres Wogen,
es schweigt der Sturm, von dir bedroht. Du kommst, dass auf empörter Erde
der neue Bund gestiftet werde, und schlägst in Fessel Sünd und Tod.
5) O Herr von großer Huld und Treue, o komme du auch jetzt aufs Neue
zu uns, die wir sind schwer verstört. Not ist es, dass du selbst hienieden
kommst, zu erneuen deinen Frieden, dagegen sich die Welt empört.
6) O lass dein Licht auf Erden siegen, die Macht der Finsternis erliegen
und lösch der Zwietracht Glimmen aus, dass wir, die Völker und die Thronen,
vereint als Brüder wieder wohnen in deines großen Vaters Haus.
- Worte aus Psalm 69
Gott, hilf mir!
Denn das Wasser geht mir bis an die Kehle.
Ich versinke in tiefem Schlamm, wo kein Grund ist;
ich bin in tiefe Wasser geraten, und die Flut will mich ersäufen.
Ich habe mich müde geschrien, mein Hals ist heiser.
Meine Augen sind trübe geworden,
weil ich so lange harren muss auf meinen Gott.
Denn um deinetwillen trage ich Schmach,
mein Angesicht ist voller Schande.
Ich bin fremd geworden meinen Brüdern
und unbekannt den Kindern meiner Mutter;
denn der Eifer um dein Haus hat mich gefressen,
und die Schmähungen derer, die dich schmähen, sind auf mich gefallen.
Ich aber bete, HERR, zu dir zur Zeit der Gnade;
Gott, nach deiner großen Güte erhöre mich mit deiner treuen Hilfe.
Gott, deine Hilfe schütze mich!
- Aus dem Brief an die Hebräer, Kapitel 11 und 12
Es ist aber der Glaube eine feste Zuversicht dessen, was man hofft, und ein Nichtzweifeln an dem, was man nicht sieht. In diesem Glauben haben die Alten Gottes Zeugnis empfangen.
Darum auch wir: Weil wir eine solche Wolke von Zeugen um uns haben, lasst uns ablegen alles, was uns beschwert, und die Sünde, die uns umstrickt. Lasst uns laufen mit Geduld in dem Kampf, der uns bestimmt ist, und aufsehen zu Jesus, dem Anfänger und Vollender des Glaubens, der, obwohl er hätte Freude haben können, das Kreuz erduldete und die Schande gering achtete und sich gesetzt hat zur Rechten des Thrones Gottes. Gedenkt an den, der so viel Widerspruch gegen sich von den Sündern erduldet hat, dass ihr nicht matt werdet und den Mut nicht sinken lasst.
- Anfänger und Vollender des Glaubens – Gedanken zum Text
Ich glaube nur an das, was ich sehe. Diesen Satz höre ich oft. Er ist anscheinend Allgemeingut im Denken vieler Menschen. Philosophisch wird diese Überzeugung Empirismus genannt. Was ich sehen, fühlen und beobachten kann, notfalls auch durch ein Mikroskop, dem lege ich eine besondere Bedeutung für das Wissen und den Wissenszuwachs bei. Insbesondere der Naturwissenschaft wird viel geglaubt. Sie punktet mit Voraussagen, die sich in zahlreichen technischen Anwendungen bewährt haben. Dass ich beispielsweise mit meinem Handy auf der ganzen Welt telefonieren kann, verdankt sich auch der allgemeinen Relativitätstheorie Albert Einsteins. Sie liefert genaue Formeln für die Bewegung in Raum und Zeit. Das ist beeindruckend und überzeugend. Ich selbst verstehe es nicht, aber es funktioniert. Deshalb glaube ich daran.
Im Hebräerbrief lese ich von einem anderen Glauben. Ein Glaube, ein Gottvertrauen, dass eben nicht auf sichtbaren Dingen beruht. „Ein Nichtzweifeln an dem, was man nicht sieht.“ Ob dieser Glaube sich bewährt, bleibt meinen Sinnen entzogen. Ich kenne keine technische Anwendung oder irgendeine Anleitung, die mir vor Augen führt, dass dieser Glauben an Gott wahr und richtig ist. Er ist nicht empirisch. Er nützt mir nichts. Zumindest nicht unmittelbar. Dennoch halte ich an ihm fest.
Aus gutem Grund. Der Hebräerbrief führt die „Wolke der Zeugen“ an. Sie umfasst die Erfahrungen jener Mütter und Väter des Glaubens, die in den Schriften des Alten und Neues Testamentes aufgeführt sind. „In diesem Glauben haben die Alten Gottes Zeugnis empfangen.“ Von Abraham angefangen, dem Vater des Glaubens, bis hin zu Christus, der den Zug der Glaubenden anführt. Gegen den Augenschein vertraut er Gott und geht durch Leiden und Tod. Die Menschen, die ihn bei seinem Einzug nach Jerusalem mit Palmen begrüßen, sind Zeugen diesen Glaubens.
Aber ist es nicht viel überzeugender ein Handy in der Hand zu halten als eine Bibel? Auf den ersten Blick scheint es so und diese Ansicht teilen – wie gesagt – viele Menschen. Gerade in der gegenwärtigen Krise hoffen wir auf den Erfolg und die Wahrheit naturwissenschaftlicher Erkenntnisse. Aber auch diese Expertinnen streiten miteinander. Wem soll ich also letzten Endes glauben?
Ich habe eine andere Form von Erfahrung – oder philosophisch könnte ich auch sagen, eine andere Form der Empirie – kennengelernt. Im Gespräch mit Glaubensschwestern und -brüdern fühle ich eine nicht sichtbare Kraft, die diesen Menschen Hoffnung gegeben hat. Ich fühle, dass uns etwas Himmlisches miteinander verbindet. Es sind oft keine großen Geschichten. Sie taugen nicht für Ruhm und Reichtum. Damit kann ich keinen Auftritt im Fernsehen oder einen wissenschaftlichen Aufsatz bestreiten. Sie wirkt aber in einer Weise, die in mir Dankbarkeit und Zuversicht weckt. In diesem Leben und über dieses Leben hinaus. Sie weckt in mir ein Grundvertrauen, mit dem ich getrost und mutig nach Wahrheit und Hilfe suchen kann – mit dem Herzen und der Wissenschaft. Amen.
- Ein Gebet miteinander und füreinander
Miteinander in deiner Kraft, Gott,
teilen wir die Geduld,
auf dieser Erde,
jeder Mensch nach seinem Vermögen,
für Frieden und das Wohlergehen aller zu sorgen.
Miteinander in deiner Kraft, Gott,
teilen wir den Mut
in dieser Welt,
dem Hass und Streit, der Gier und Gedankenlosigkeit
entgegenzutreten und deine Liebe in uns weiter zu tragen.
Miteinander in deiner Kraft, Gott,
teilen wir den Glauben
in diesem Leben und darüber hinaus,
auf dich zu vertrauen und dem Kummer
und der Not für uns und unseren Nächsten zu wehren.
In deinem Glauben beten wir:
Vater unser im Himmel,
geheiligt werde Dein Name.
Dein Reich komme.
Dein Wille geschehe,
wie im Himmel, so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute.
Und vergib uns unsere Schuld,
wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung,
sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich und die Kraft
und die Herrlichkeit in Ewigkeit.
Amen.
- Segen
Gott segne uns. Er stärke uns
in der Liebe zu den Menschen
und aller Kreatur. Er beschütze uns
auf unseren Wegen durch die Zeit.
(Pfr. Olaf Wisch)