Quasimodogeniti (24.04.)2022

  • Eröffnung

“Gelobt sei Gott, der Vater unseres Herrn Jesus Christus, der uns nach seiner großen Barmherzigkeit wiedergeboren hat zu einer lebendigen Hoffnung durch die Auferstehung Jesu Christi von den Toten.” So jubelt der erste Petrusbrief in österlicher Freude. Wiedergeboren sind wir fast wie Neugeborene. Und in dieser Kindlichkeit fassen wir neues Vertrauen in Gottes Herrlichkeit. Diese Kindlichkeit einzuüben, helfen uns die Lieder und Worte der Bibel.

  • Im Lande der Lebendigen – Worte nach Psalm 116

Das ist mir lieb,
dass der Herr meine Stimme und mein Flehen hört.
Denn er neigte sein Ohr zu mir;
darum will ich mein Leben lang ihn anrufen.
Stricke des Todes hatten mich umfangen, /
des Totenreichs Schrecken hatten mich getroffen;
ich kam in Jammer und Not.
Aber ich rief an den Namen des Herrn:
Ach, Herr, errette mich!
Der Herr ist gnädig und gerecht,
und unser Gott ist barmherzig.
Der Herr behütet die Unmündigen;
wenn ich schwach bin, so hilft er mir.
Sei nun wieder zufrieden, meine Seele;
denn der Herr tut dir Gutes.
Denn du hast meine Seele vom Tode errettet,
mein Auge von den Tränen, meinen Fuß vom Gleiten.
Ich werde wandeln vor dem Herrn
im Lande der Lebendigen.
Ich will den Kelch des Heils erheben
und des Herrn Namen anrufen.

  • Von Herzen rein – Ein Lied: „Mit Freuden zart zu dieser Fahrt“ (EG 108)

1) Mit Freuden zart zu dieser Fahrt
Lasst uns zugleich fröhlich singen,
beid, Groß und Klein, von Herzen rein
mit hellem Ton frei erklingen.
Das ewig Heil wird uns zuteil,
denn Jesus Christ erstanden ist,
welchs erlässt reichlich verkünden.

2) Er ist der Erst, der stark und fest
all unsre Feind hat bezwungen
und durch den Tod als wahrer Gott
zum neuen Leben gedrungen,
auch seiner Schar verheißen klar
durch sein rein Wort, zur Himmelspfort
desgleichen Sieg zu erlangen.

3) Singt Lob und Dank mit freiem Klang
Unserm Herrn zu allen Zeiten
Und tut sein Ehr je mehr und mehr
Mit Wort und Tat weit ausbreiten:
So wird er uns aus Lieb und Gunst
nach unserm Tod, frei aller Not,
zur ewgen Freude geleiten.

  • Ihrer Macht entkleidet – Brief an die Kolosser im Kapitel 2

Mit Christus seid ihr begraben worden
in der Taufe;
mit ihm seid ihr auch auferweckt
durch den Glauben
aus der Kraft Gottes,
der ihn auferweckt hat von den Toten.
Und Gott hat euch mit ihm lebendig gemacht,
die ihr tot wart
in den Sünden
und in der Unbeschnittenheit eures Fleisches,
und hat uns vergeben alle Sünden.
Er hat den Schuldbrief getilgt,
der mit seinen Forderungen gegen uns war,
und hat ihn aufgehoben
und an das Kreuz geheftet.
Er hat die Mächte und Gewalten ihrer Macht entkleidet
und sie öffentlich zur Schau gestellt
und über sie triumphiert in Christus.
(Kolosser 2,12-15)

  • Wie neugeboren – Gedanken zum Kolosserbrief

Am Anfang kommen die Stimmen von außen: Steh grade! Schling nicht so! Gib dir Mühe! Geh mal raus! Ohne Fleiß, kein Preis! Was Hänschen nicht lernt …! Du musst deinen inneren Schweinehund überwinden! Wie du wieder aussiehst!
Und dann wandern sie langsam nach innen: Das hätte ich doch schaffen können! Selbstverständlich wird das von dir erwartet! Mach dir nichts draus! Irgendwie haben die doch auch recht! So kann ich mich auf keinen Fall den Leuten zeigen! Dazu bin ich doch viel zu alt! Ich schäme mich! Ich bin schuld!
Die Mächte und Gewalten im Kolosserbrief begleiten das ganze Menschenleben. Klaus Berger nennt sie in seiner Bibelübersetzung “Ankläger der Menschen”. Er bringt sie in Verbindung mit dem zuvor erwähnten Schuldbrief. Da stehen alle Missetaten eines Menschenlebens. Mehr oder weniger Punkte sind das. Ohne geht es nicht. Sonst gäbe es ja diese allbekannten Stimmen nicht. Wo es nichts zu beklagen gäbe, wäre auch kein Ankläger.
Liebe Leserin, lieber Leser,
ich nehme mir ein weißes Blatt Papier. Ich stelle mir Fragen: Habe ich immer alles richtig gemacht? Habe ich alles erreicht, was ich erreichen wollte? Werde ich meinen eigenen und den fremden Ansprüchen gerecht? Habe ich alle meine Aufgaben erledigt, mich um meine Mitmenschen ausreichend gekümmert, mich ausreichend informiert, oder irgendetwas geschafft, mit dem ich ganz zufrieden sein kann? Das Blatt füllt sich. Anklage um Anklage. All die Ansprüche, all die Forderungen, all die Fehler und Vergehen.
Und es ist ja nicht so, dass diese nicht berechtigt wären. Sonst würden sie nicht verfangen, sonst schenkte ich ihnen keine Beachtung. Mächte und Gewalten sind mächtig gewaltig. Sie schneiden tief ins Fleisch und bringen die faulen Stellen zum Vorschein.
Da gibt es kein Entkommen. Was mich zum Menschen macht, macht mich zum Angeklagten. Ich stecke mitten drin. Ich kann dem nicht entkommen, es sei denn, durch den Tod.

So radikal ist dann auch die Lösung im Kolosserbrief formuliert. Die Taufe, und die Auferweckung Jesu und sein Tod am Kreuz befreien mich von diesem Schuldschein. Es sind zwar berechtigte Anliegen und Anklagen; aber wenn ich mein ganzes Leben hinter mir lassen kann, bin ich endlich frei, und wie neugeboren, ich kann neu anfangen. Aber der Weg dahin ist der Tod. Mit Christus begraben; tot in den Sünden. Im Grunde also, da das Todesurteil schon feststand, ist es nur der letzte Schritt, den Tod zu erleiden.

Es fühlt sich dennoch ungerecht an. Was kann ich dafür, in diesen begierigen Körper hineingeboren worden zu sein. Ich bin kein Engel. Warum hat mich Gott nicht gleich besser gemacht? Ohne Fehler?
Und woher kommen diese Anklagen? Wer klagt mich an? Wer will, dass ich mich mehr anstrenge, grade dastehe und meinen Teller leer esse? Die Mächte und Gewalten. Deshalb hat sie Gott in Christus öffentlich zur Schau gestellt. Gott hat sie gekreuzigt. Er hat uns Christus gegeben. Seht, da hängt er am Kreuz. Ein Schauspiel dieser Mächte und Gewalten. Die selbst den Menschen ohne Sünde noch in ihr Schauspiel einbauen. Wenn selbst Jesus zur Schau gestellt wird, der ohne Sünde ist, wie könnte ich dann entkommen?
Das heißt aber auch, dass sich diese Mächte und Gewalten selbst richten. Ihr Schauspiel ist Gaukelei, Zauberkunst und Illusion; ebenso wie die Stimmen. Sie haben keine Bedeutung für mein Leben. Sie können keine letzte Antwort sein auf die Frage, wer ich bin und wem ich angehöre.
Die Botschaft des Kolosserbriefes ist: Räume diesen Stimmen ihren gebührenden Platz ein. Ja, sie haben – mitunter – auch ihr eigenes Recht. Aber sie sagen nichts über mich aus. Sie sind Bestandteil dieser Welt. Ich muss diesen Schuldschein am Ende nicht tilgen.
Allerdings kostet auch das etwas. Glauben. Vertrauen. Glauben an die Auferstehung. Hingabe, die letztendlich keine Rücksicht nimmt, auf das, was vergänglich ist. Es kostet den Verzicht auf die irdische Macht, bzw. Gleichgültigkeit gegenüber dieser Macht, die ebenso vergänglich ist wie mein Körper.
Da höre ich schon wieder die Stimmen: Das ist doch unrealistisch! So funktioniert die Welt nicht! Geh weg mit deinem Kinderglauben, deinen Märchen!
Ja, die Stimmen. Ganz weg sind sie wohl nie. Ich schreibe sie zu den anderen auf meinen Zettel. Und hefte ihn ans Kreuz.

Amen.

  • Alle Hoffnung – Miteinander und füreinander beten

Gott,
hilf uns zu verzichten auf Macht und Einfluss in dieser Welt.
Selten dienen sie dem Nächsten.
Immer wieder suchen wir danach und vergrößern das Unheil
auf dieser Welt, je mehr wir davon haben.
Schaffe Frieden, innerlich und äußerlich.
Befreie uns von der Gier, die nach immer mehr verlangt.
Lass die Stimmen verstummen, die uns zum Unfrieden treiben.

Gott,
wir bitten um deinen Glauben,
der das kindliche Vertrauen nährt, dass du uns in deinen Händen hältst,
sanft und warm.
Stärke in uns die Einsicht, dass keine Kultur und keine Tradition irgendwelche Gewalt rechtfertigen.
Unsere orthodoxen Schwestern und Brüder feiern heute ihr Osterfest.
Stärke ihren Glauben, der in Jesu Tod und Auferstehung ruht
und nicht in größerem Einfluss auf die Gesellschaft.

Gott,
wir bitten dich um Hingabe für unsere Mitmenschen.
Lass uns nicht wegsehen, wenn ein Mensch Hilfe braucht.
Gib uns den Mut, auf ihn zuzugehen. Fördere unsere Barmherzigkeit
und bewahre uns vor Selbstgerechtigkeit. Behüte uns vor schnellen Urteilen.
Und überwinde unsere Scham, Hilfe zu geben und Hilfe zu nehmen,
wenn das Äußere uns davon abhalten mag,
wegen Armut, wegen Trauer, wegen Traurigkeit, wegen der Mächte und Gewalten,
die uns selbst ein Leben lang quälen.

Gott des Lebens,
In der Auferstehung
unseres Bruders Jesus Christus
bitten wir um deine Gegenwart.
Amen.

Vater unser im Himmel,
geheiligt werde Dein Name.
Dein Reich komme.
Dein Wille geschehe,
wie im Himmel, so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute.
Und vergib uns unsere Schuld,
wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung,
sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich und die Kraft
und die Herrlichkeit in Ewigkeit.
Amen.

  • Segen

Es segne und behüte uns der allmächtige und barmherzige
Gott, Vater, Sohn und Heiliger Geist.
Er bewahre uns vor Unheil und führe uns zum ewigen Leben.
Amen.

(Pfr. Olaf Wisch)