Andacht zum regionalen Gottesdienst am 3. Advent in der Luthergemeinde – mit dem Chor „Come & Sing“
Anfangen:
In deinen Händen, Herr, steht unsere Zeit.
Denke an mich in deiner Gnade.
Erhöre mich und hilf mir. Amen
Eröffnung:
Der Wochenspruch steht bei Jesaja im 40.Kapitel: 3+10 und ruft uns zur Vorbereitung auf die Geburt Christi :
„Bereitet dem HERRN den Weg; denn siehe, der HERR kommt gewaltig.“
Lesung Jesaja 45,1-8:
Hört die Lesung aus dem Propheten Jesaja im 45. Kapitel.
Ganz irdisch setzt der Prophet mit einer Beschreibung königlicher Macht ein, die aber der göttlichen Macht unterworfen wird. Selbst ein feindlicher Herrscher wie der persische König Kyros kann so zu einem Heilsbringer werden:
So spricht der Herr zu Kyros, den er zu seinem Gesalbten gemacht hat:
Ich habe dich bei der Hand genommen, um dir Völker zu unterwerfen.
Könige will ich entmachten. Ich öffne dir alle Türen, kein Tor bleibt vor dir verschlossen. Ich selbst ziehe vor dir her und mache Stadtmauern dem Erdboden gleich. Türen aus Bronze breche ich auf und zerschlage ihre eisernen Riegel. Ich gebe dir verborgene Schätze und gut versteckte Reichtümer.
Aber nicht die irdische Macht ist das Ziel Gottes, sondern die Erkenntnis und der Glauben an seine Einzigartigkeit, die das überschreitet, was dem Menschen vor Augen ist:
Dann wirst du erkennen: Ich bin der Herr. Ich bin der Gott Israels, der dich beim Namen ruft. 4Das tue ich für meinen Knecht Jakob, für Israel, das ich erwählt habe. Seinetwegen habe ich dich beim Namen gerufen. Obwohl du mich nicht kanntest, verleihe ich dir einen Ehrennamen. Ich bin der Herr und sonst keiner. Außer mir gibt es keinen Gott. Ich gebe dir Macht, obwohl du mich nicht kanntest.
Und diese Macht Gottes, die er den Menschen leihen kann, erstreckt sich weiter als bis zu den Menschen, die er unmittelbar anspricht. Die ganze Schöpfung gehorcht dem göttlichen Wort. Und so reicht Gottes Heil und seine Gerechtigkeit über Zeiten und Orte hinweg bis zu uns:
Vom Osten bis zum Westen soll man erkennen, dass es außer mir keinen Gott gibt. Ich bin der Herr und sonst keiner. Ich bin es, der Licht und Finsternis schafft, der Frieden und Unheil stiftet. Ich bin der Herr, der das alles bewirkt. Lasst es regnen, ihr Himmel oben! Ihr Wolken, lasst Gerechtigkeit herabströmen. Dann bringt die Erde Gutes zum Blühen und lässt Gerechtigkeit hervorsprießen. Ich bin der Herr, der das alles erschafft.
1. O Heiland, reiß die Himmel auf, herab, herab vom Himmel lauf.
Reiß ab vom Himmel Tor und Tür, reiß ab, wo Schloß und Riegel für!
2. O Gott, ein’ Tau vom Himmel gieß, im Tau herab, o Heiland, fließ!
Ihr Wolken, brecht und regnet aus den König über Jakobs Haus.
Gedanken zum Text:
Alles Gute kommt von oben! Alles Gute kommt aus dem Himmel. Friedrich Spee von Langenfeld, der Lieddichter,
kleidet diesen Gedanken in das Bild eines reichlich strömenden Regens. Er entleiht es den Worten des Propheten Jesaja. Und gibt ihm eine sprachliche Form, die keinen Zweifel an der Dringlichkeit seiner Bitten lässt. Der Liedtext reiht Imperativ an Imperativ. Da bleibt keine Zeit für Erklärungen. Da ist Hilfe von Nöten. Reiß auf! Herab, herab lauf!
Reiß ab! Reiß ab! O Gott gieß! Herab fließ! Brecht und regnet aus. Mit diesen Verben bekommt das Lied einen fast gewaltsam klingenden Klang. Es passt in eine Zeit, die des dreißigjährigen Krieges, die voller Gewalt ist, in der Hilfe keinen Aufschub leidet, in der die Not klar vor Augen liegt. Es passt zu einem Seelsorger, der Frauen im Gefängnis besucht, und ihre Not sieht. Sie sind der Hexerei angeklagt. Und haben den sicheren Tod vor Augen.
Hier muss was passieren. Der Lieddichter kleidet diesen Umstand in eine Formulierung, die unter diesen Umständen nicht nur ein Bild für einen verschlossenen Himmel sind. Schloß und Riegel der Gefängnisse sollen gesprengt werden.
Ich denke darüber nach, wen Friedrich Spee hier so flehentlich bittet. Und auf welche Weise er es tut.
Die Befehlsformen, Befehle scheinen gar nicht geeignet zu sein, Gott selbst so anzusprechen.
Demut scheint doch anders zu klingen.
Der Ruf nach Gerechtigkeit scheint doch eine geschicktere Vorgehensweise nahezulegen. Als diese aneinandergereihten Bitten. Angesichts der Not scheint es aber, dass es nicht anders geht. Hier wird nichts erwogen oder bedacht oder ins Ungefähre gestellt und für die Zukunft erhofft. Es geht um jetzt, es geht um die Gegenwart. Augenblicklich muss etwas geschehen. O Gott im Himmel! Was für ein Gebet!
3. O Erd’, schlag aus, schlag aus, o Erd’, daß Berg und Tal grün alles werd’!
O Erd’, herfür dies Blümlein bring, o Heiland, aus der Erden spring!
4. Wo bleibst du, Trost der ganzen Welt, darauf sie all’ ihr’ Hoffnung stellt?
O komm, ach komm vom höchsten Saal, komm, tröst uns hier im Jammertal!
Gedanken zum Text:
Alles Gute kommt nicht nur von oben. Szenenwechsel! Vom höchsten Saal mitten in dieses Jammertal.
Die Hoffnung blüht nicht irgendwo im Himmel. Sondern mitten in dieser Welt. Frisches Gras. Frühlingsgrün.
Ein Blümlein mitten im kalten Winter. Friedrich Spee bleibt auch hier ganz im Bild der Propheten.
Noch wird Christus im Advent, das Christuskind, nicht konkret benannt.
Nur die Hoffnung auf Leben (und Gerechtigkeit) in einer finsteren Welt.
Die Hoffnung auf einen Heilsbringer. Der vom Himmel gegossen und genährt wird. Einen Machthaber,
der etwas ändern kann. In dieser Wüste der Gewalt und Rechtlosigkeit.
Das Gute kommt nicht einfach von oben. Die Erde muss dafür bestellt werden. Auch Friedrich Spee tut das Seine dafür. Er ist nicht nur Seelsorger sondern stellt bis heute angewandte Prinzipien des Verfahrensrechts auf, die den der Hexerei angeklagten Frauen in den drohenden Prozessen Gerechtigkeit widerfahren lassen soll. Ein Hoffnungsschimmer in finsterer Zeit. In den finsteren, nassen, kalten Kerkern.
Ich stelle mir Friedrich Spee und die angeklagten Frauen vor. Wie sie ihn bitten. Flehentlich. In größter Not.
Voller Angst. Ob er ihnen Hoffnung gemacht hat? Mitten in dieser Welt. Nicht erst für später irgendwann.
Nach dem Tod?
Mitten in dieser Welt soll das Blümlein blühen, mitten in diese Welt
der Heiland geboren werden. Von einer Frau. Aus Fleisch und Blut. Mitten in diese Welt verletzlicher, ängstlicher, gedemütigter, verzweifelter Menschen.
5. O klare Sonn’, du schöner Stern, dich wollten wir anschauen gern.
O Sonn’, geh auf, ohn’ deinen Schein in Finsternis wir alle sein!
6. Hier leiden wir die größte Not, vor Augen steht der ewig’ Tod:
Ach komm, führ uns mit starker Hand vom Elend zu dem Vaterland!
Gedanken zum Text:
Alles Gute kommt von oben. Aber da hilft es nicht. Es muss hinunter.
Wie das Licht der Sonne. Nur hier kann es wirken. Nur hier kann es die Finsternis durchbrechen. Der Weg muss frei sein für das Auge, das Licht muss seinen Weg finden bis in die Düsternis der Welt hinein. Das, was wachsen soll,
braucht Licht. Hier leiden wir die größte Not.
Meint Friedrich Spee das, was nach dem Tod kommt? Ein Vaterland im Himmel? Ein neues Leben im Licht Gottes?
Ein Ausharren im Elend bis der Tod uns zum wahren Leben hindurchführt? Irgendwann?
Auch so klingt es. Und so klingt es eben nicht! Es klingt nicht nach Ruhe, die vielleicht dem gewährt ist, der hier auf Erden einigermaßen zurechtkommt. Es klingt nicht nach Vertröstung. Es klingt nach gerechtem Zorn, nach flehentlicher Bitte, nach Hilfe in einer Welt, in der ich vielleicht mit meiner eigenen Not zu Rande komme; aber nicht mit dem Elend der anderen Menschen. Die doch nicht im Dunkeln hocken können. Ohne Sonne, ohne Blumen und frisches Gras.
Ohne Gerechtigkeit, ohne Geborgenheit, ohne eine Hoffnung, die für sie greifbar wäre, die ihnen in ihrer Menschlichkeit, in ihrem verletzlichen, ängstlichen, gedemütigten, verzweifelten Menschsein verständlich und fühlbar wäre. Es klingt nach einer Welt, in der ich nicht meine Augen verschließe, in der ich sie aufbrechen lasse, voller Tränen.
Das letzte Wort spannt diesen Bogen noch einmal auf: Vaterland. Den Vater im Himmel, der die Welt gemacht hat;
den Vater Jesu, der mitten in diese Welt hineingeboren wird; den Pater, der zu den Frauen ins Gefängnis geht,
im guten Geist Gottes geführt. Ein Vater, der sich seiner Tränen nicht schämt, sondern sie auf die Erde herablaufen
und fließen lässt, sie vergießt und regnen lässt für eine gerechtere, friedlichere und zärtlichere Welt. Amen.
Miteinander und füreinander beten:
Gott, in unserer Welt geschieht vieles, was uns Sorgen bereitet:
Die Kriege in der Ukraine und im Nahen Osten,
der Unfrieden und die zunehmende Spaltung in unserer Gesellschaft
und die fortschreitenden Veränderungen in der Natur,
deren Ursache wir selbst mit unserem Lebensstil sind.
Wir bitten Dich: Lass Vernunft walten bei denen,
die Entscheidungen treffen in Politik und Wirtschaft.
Lass uns die Hoffnung nicht verlieren, dass wir mit unserem Leben und Handeln
etwas Gutes bewirken können für unsere Welt.
Hilf, dass wir unseren Kindern und Enkeln
eine lebenswerte Welt hinterlassen können.
Herr, erbarme Dich.
Herr Jesus Christus, wir machen uns Sorgen um deine Kirche.
Wir sehen die Umbrüche und das sinkende Interesse
an einer lebendigen Beziehung mit dir in unserer Gesellschaft.
Gleichzeitig beschäftigen uns viele Dinge,
die uns unsere Kernaufgaben vergessen lassen.
Wir bitten dich: lass uns wieder den Fokus finden auf das was relevant ist.
Stärke unseren Glauben, halte uns in der Beziehung zu dir
und segne unsere Gemeinschaft.
Herr, erbarme dich.
Wir denken an die in unserer Gemeinde Verstorbenen
und bitten um Trost für die, die um sie trauern.
Wir bitten für die Einsamen, Kranken und Sterbenden. Sei Du an ihrer Seite.
Behüte die, die sich Tag und Nacht um sie kümmern:
die nächsten Angehörigen, Ärztinnen und Ärzte, Krankenschwestern und Pfleger.
Wir bitten Dich für alle, die Verantwortung
für unsere Gemeinden übernommen haben.
Schenke ihnen Geduld und Zuversicht,
in diesen unruhigen Zeiten die anstehenden Probleme
zu Guten für unseren Gemeindeverband zu lösen.
Vater unser im Himmel, geheiligt werde Dein Name.
Dein Reich komme. Dein Wille geschehe,
wie im Himmel, so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute.
Und vergib uns unsere Schuld,
wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung,
sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit.
Segen
Es segne und behüte uns Gott, der Allmächtige und Barmherzige,
Vater, Sohn und Heiliger Geist. Amen.
(O.Wisch und Gottesdienstkreis)