Exaudi (21.05.)2023

  • Eröffnung

Am sechsten Sonntag nach Ostern, am Sonntag Exaudi, befestigt der Wochenspruch die bleibende Bindung an Jesus Christus: „“Christus spricht: Wenn ich erhöht werde von der Erde, so will ich alle zu mir ziehen.“ Zwischen Himmelfahrt und Pfingsten wird die Grenze zwischen Himmel und Erde durchlässig. Gemeinsam können wir uns dafür rüsten und offen sein für Gottes Wort.

  • Auf ebener Bahn – Ein Psalm (Ps 27,1.7-14)

Der Herr ist mein Licht und mein Heil;
vor wem sollte ich mich fürchten?
Der Herr ist meines Lebens Kraft;
vor wem sollte mir grauen?
Herr, höre meine Stimme, wenn ich rufe;
sei mir gnädig und antworte mir!
Mein Herz hält dir vor dein Wort: /
»Ihr sollt mein Antlitz suchen.«
Darum suche ich auch, Herr, dein Antlitz.
Verbirg dein Antlitz nicht vor mir,
verstoße nicht im Zorn deinen Knecht!
Denn du bist meine Hilfe; verlass mich nicht
und tu die Hand nicht von mir ab, du Gott meines Heils!
Denn mein Vater und meine Mutter verlassen mich,
aber der Herr nimmt mich auf.
Herr, weise mir deinen Weg
und leite mich auf ebener Bahn um meiner Feinde willen.
Gib mich nicht preis dem Willen meiner Feinde!
Denn es stehen falsche Zeugen wider mich auf und tun mir Unrecht.
Ich glaube aber doch, dass ich sehen werde
die Güte des Herrn im Lande der Lebendigen.
Harre des Herrn!
Sei getrost und unverzagt und harre des Herrn!

  • Die Leuchte unsern Füßen – Ein Lied: „Herr für Dein Wort sei hoch gepreist“ (EG 196)
  1. Herr, für dein Wort sei hoch gepreist;
    laß uns dabei verbleiben
    und gib uns deinen Heilgen Geist,
    daß wir dem Worte glauben,
    dasselb annehmen jederzeit
    mit Sanftmut, Ehre, Lieb und Freud
    als Gottes, nicht der Menschen.
  2. Öffn uns die Ohren und das Herz,
    daß wir das Wort recht fassen,
    in Lieb und Leid, in Freud und Schmerz
    es aus der Acht nicht lassen;
    daß wir nicht Hörer nur allein
    des Wortes, sondern Täter sein,
    Frucht hundertfältig bringen.
  3. Am Weg der Same wird sofort
    vom Teufel hingenommen;
    in Fels und Steinen kann das Wort
    die Wurzel nicht bekommen;
    der Same, der in Dornen fällt,
    von Sorg und Lüsten dieser Welt
    verdirbet und ersticket.
  4. Ach hilf, Herr, daß wir werden gleich
    dem guten, fruchtbarn Lande
    und sein an guten Werken reich
    in unserm Amt und Stande,
    viel Früchte bringen in Geduld,
    bewahren deine Lehr und Huld
    in feinem, gutem Herzen.
  5. Dein Wort, o Herr, laß allweg sein
    die Leuchte unsern Füßen;
    erhalt es bei uns klar und rein;
    hilf, daß wir draus genießen
    Kraft, Rat und Trost in aller Not,
    daß wir im Leben und im Tod
    beständig darauf trauen.
  6. Gott Vater, laß zu deiner Ehr
    dein Wort sich weit ausbreiten.
    Hilf, Jesu, daß uns deine Lehr
    erleuchten mög und leiten.
    O Heilger Geist, dein göttlich Wort
    laß in uns wirken fort und fort
    Glaub, Lieb, Geduld und Hoffnung.
  • Geh wieder hin – Worte aus dem 3. Kapitel des 1. Samuelbuches

Und zu der Zeit, als der Knabe Samuel dem Herrn diente unter Eli, war des Herrn Wort selten, und es gab kaum noch Offenbarung. Und es begab sich zur selben Zeit, dass Eli lag an seinem Ort, und seine Augen fingen an, schwach zu werden, sodass er nicht mehr sehen konnte. Die Lampe Gottes war noch nicht verloschen. Und Samuel hatte sich gelegt im Tempel des Herrn, wo die Lade Gottes war. Und der Herr rief Samuel. Er aber antwortete: Siehe, hier bin ich!, und lief zu Eli und sprach: Siehe, hier bin ich! Du hast mich gerufen. Er aber sprach: Ich habe nicht gerufen; geh wieder hin und lege dich schlafen. Und er ging hin und legte sich schlafen. Der Herr rief abermals: Samuel! Und Samuel stand auf und ging zu Eli und sprach: Siehe, hier bin ich! Du hast mich gerufen. Er aber sprach: Ich habe nicht gerufen, mein Sohn; geh wieder hin und lege dich schlafen. Aber Samuel kannte den Herrn noch nicht, und des Herrn Wort war ihm noch nicht offenbart. Und der Herr rief Samuel wieder, zum dritten Mal. Und er stand auf und ging zu Eli und sprach: Siehe, hier bin ich! Du hast mich gerufen. Da merkte Eli, dass der Herr den Knaben rief. Und Eli sprach zu Samuel: Geh wieder hin und lege dich schlafen; und wenn du gerufen wirst, so sprich: Rede, Herr, denn dein Knecht hört. Samuel ging hin und legte sich an seinen Ort. Da kam der Herr und trat herzu und rief wie vorher: Samuel, Samuel! Und Samuel sprach: Rede, denn dein Knecht hört.

Worte der Heiligen Schrift.

  • Nicht viele Worte – Gedanken zu 3. Kapitel des 1. Samuelbuches

Liebe Gemeinde,

im Samuelbuch wird etwas beschrieben, was uns für die Bibel nicht ungewöhnlich vorkommt. Samuel wird von Gott angesprochen. In der Bibel geschieht dies doch öfter. Gott spricht. Zu Mose aus dem brennenden Dornbusch. Zu Jakob im Traum. Zu Jesus aus dem geöffneten Himmel. Doch Samuel kann diese Ansprache nicht einordnen. Deshalb geht er davon aus, dass es Eli sei, der Priester des Tempels, dem Samuel dient; es muss wohl dieser gewesen sein, der ihn da plötzlich anspricht. Mit Gott rechnet er nicht. Denn es wird ja auch gesagt, dass „das Wort des Herrn selten“ war und es „kaum noch Offenbarung“ gab. Einem heutigen Menschen ginge es ganz ähnlich. Wenn dieser heute eine Stimme hörte, würde er nach einer Quelle suchen, die nichts mit Gott zu tun hat; etwa einen Menschen in der Nähe oder von einem technischen Gerät herrührend oder gar eine Stimme aufgrund einer Geisteskrankheit. Zudem ist es im Falle Samuels so, dass er „den Herrn noch nicht kannte, und des Herrn Wort war ihm noch nicht offenbart“.
Aber auch Eli braucht drei Anläufe, bis er Gott als Quelle der Stimme annimmt. Immerhin hat er aber als Priester die Erfahrung, die diesen Umstand in Erwägung zieht.
Erstaunlich ist allerdings, dass Samuel ihm ohne Zögern glaubt. Nachdem ihn Eli instruiert hat, reagiert Samuel sofort auf Gottes Stimme und antwortet ihm, indem er sich ihm als sein Knecht vorstellt.

Dieses Vertrauen in Elis Deutung nutzt auch die Werbung. Marketing-Experten wissen, dass die beste Werbung Mund-zu-Mund-Propaganda ist. Ein uraltes Prinzip, dass heute wieder besonders im Blick ist durch die Mittel der modernen Kommunikation. Die Ursache liegt darin, dass wir Freunden, Bekannten und Familienmitgliedern am meisten vertrauen. Wenn mir ein guter Freund etwas empfiehlt, dem ich auch gewisse Kenntnisse zuschreibe, gehe ich davon aus, dass es eine gute Entscheidung ist.
Die Grundlage dafür ist – wie gesagt – das Vertrauen, dass ich einem Menschen entgegenbringe. Ich vertraue darauf, dass er es gut mit mir meint. Dann folge ich seinem Rat gerne und kann mich erfahrungsgemäß darauf verlassen.

Wenn man so will, „bewirbt“ Eli Gott. Auf sein Wort hin erkennt Samuel die Stimme Gottes. Das würde wohl heute nicht mehr ohne Weiteres funktionieren. Wenn ich aufgrund der Empfehlung eines befreundeten Handwerkers eine Bohrmaschine kaufe, ist das selbstverständlich. Aber wenn er mir erzählte, ich solle auf Gottes Stimme hören, wäre ich doch verwundert.

Dennoch bewegt mich diese Geschichte, weil sie doch so nah an unser heutiges Empfinden und Denken heranreicht. Gottes Stimme ist selten geworden und es gibt kaum noch Offenbarung. Gläubige Menschen sagen oft, dass es wohl leichter wäre zu glauben, wenn uns die Mütter und Väter des Glaubens in der Bibel tatsächlich Auge in Auge gegenüberstehen würden. Aber würde ich ihnen mehr glauben als meinem Handwerkerfreund?

Heute wie damals braucht es jedenfalls eine Vorbereitung, oder „Werbung“, um Gottes Stimme hören zu können. Wahrnehmen werde ich sie dann, wenn mir von einem anderen Menschen vermittelt wird, dass ich sie hören könnte und kann. Läse ich etwa nur eine Bibelstelle, hörte ich Gott noch lange nicht. Es käme darauf an, was es in mir selbst auslöst und wie eben Menschen dazu stehen, denen ich vertraue. Viele Worte braucht es dazu nicht. Das wäre schon wieder verdächtig. So als ob Gott angepriesen werden müsste. Wenn eine Freundin mir etwas empfiehlt, muss sie nicht viele Worte machen. Demgemäß ist auch die Anweisung Elis kurz und knapp: Geh wieder hin und lege dich schlafen; und wenn du gerufen wirst, so sprich: Rede, Herr, denn dein Knecht hört. Eli erklärt nichts, er macht keine große Sache daraus, er verlangt nichts und will nichts weiter wissen; er lässt es einfach geschehen. Und Samuel glaubt ihm. So beginnt Samuels Geschichte mit Gott.

Zwischen Himmelfahrt und Pfingsten darf diese Geschichte als ein Beispiel gelten, wie Gott mit uns spricht. Jesus, Gottes Sohn, spricht uns nicht mehr direkt an. Denn er sitzt nun zur Rechten Gottes. Und das Erlebnis der Jünger zu Pfingsten war einmalig. Dennoch ist die Stimme Gottes da. Auf sehr individuelle Weise. Manchmal brauchen wir den Hinweis von außen, dass es die Stimme Gottes sei, die uns da begegnet. Manchmal brauchen wir eine gewisse Zeit, bis wir das auch akzeptieren.

Also ist es gut, die Ohren weit zu öffnen; und das Herz; und auch den Verstand. Es ist ein Angebot. Ich frage einen Freund, was er davon hält; was das sein kann, so eine Stimme. Und dann ist es gut nichts zu erklären, zu wissen, zu fordern oder eine große Sache daraus zu machen. Einfach nur zu sagen: Geh wieder hin; und wenn du gerufen wirst, so sprich: Rede, Herr, denn dein Knecht hört.
So einfach kann Werbung sein.

Amen.

  • Von dir betroffen – Miteinander und füreinander beten

Guter Gott,

unsere Welt ist voller Stimmen. Welcher können wir vertrauen?

Deshalb schärfe unseren Verstand,
und vor allem den Verstand jener,
die große Verantwortung tragen.
Guten Rates bedürfen wir alle.
Und großen Vertrauens, um diese Welt
wieder auf gute Wege zu leiten.
Friedliche und gerechte Wege.

Deshalb schärfe unsere Ohren,
dass wir deine Stimme hören können,
wenn wir taub geworden sind
vor Schmerz und Angst und Leid.
Dass wir dir antworten können,
wo sonst unsere Stimme versagt,
um uns in dir geborgen zu fühlen.

Deshalb öffne unser Herz.
dass wir deine Stimme hören
in den Stimmen der Menschen, die uns nah sind.
Nicht nur weil wir sie täglich treffen,
sondern auch, weil sie von dir betroffen sind.
Dass wir unsere Nähe zu dir miteinander
teilen können; und uns deiner Nähe vergewissern.

Deine Stimme verheiße uns deine Nähe.
Unsere Stimmen steigen zu dir auf
wenn wir mit den Worten Jesu Christi sprechen.

Vater unser im Himmel,
geheiligt werde Dein Name.
Dein Reich komme.
Dein Wille geschehe,
wie im Himmel, so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute.
Und vergib uns unsere Schuld,
wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung,
sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich und die Kraft
und die Herrlichkeit in Ewigkeit.
Amen.

  • Segen

Es segne und behüte uns der allmächtige und barmherzige
Gott, Vater, Sohn und Heiliger Geist.
Er bewahre uns vor Unheil und führe uns zum ewigen Leben.
Amen.

(Pfr. Olaf Wisch)