- Eröffnung
„Wer die Hand an den Pflug legt und sieht zurück, der ist nicht geschickt für das Reich Gottes.“ Mit diesem Wort eröffnet der Evangelist Lukas diese Woche und erinnert uns daran, dass Gottes neue Welt unaufhaltsam näher kommt. Was das für uns Menschen bedeutet, wie wir daraus Trost und Stärkung erfahren können in einer finsteren Welt, bringen uns die folgenden Gedanken und Worte näher.
- Raue Wege – Ein Lied: „Jesu, geh voran“ (EG 391)
1) Jesus, geh voran
auf der Lebensbahn!
Und wir wollen nicht verweilen,
dir getreulich nachzueilen;
führ uns an der Hand
bis ins Vaterland.
2) Soll’s uns hart ergehn,
lass uns feste stehn
und auch in den schwersten Tagen
niemals über Lasten klagen;
denn durch Trübsal hier
geht der Weg zu dir.
3) Rühret eigner Schmerz
irgend unser Herz,
kümmert uns ein fremdes Leiden,
o so gib Geduld zu beiden;
richte unsern Sinn
auf das Ende hin.
4) Ordne unsern Gang,
Jesu, lebenslang.
Führst du uns durch rauhe Wege,
gib uns auch die nöt’ge Pflege;
tu uns nach dem Lauf
deine Türe auf.
- Eure Stunde – Evangelium nach Lukas im 22. Kapitel
Als er aber noch redete, siehe, da kam eine Schar;
und einer von den Zwölfen, der mit dem Namen Judas,
ging vor ihnen her und nahte sich Jesus,
um ihn zu küssen.
Jesus aber sprach zu ihm:
Judas, verrätst du den Menschensohn mit einem Kuss?
Als aber, die um ihn waren, sahen, was geschehen würde,
sprachen sie: Herr, sollen wir mit dem Schwert dreinschlagen?
Und einer von ihnen schlug nach dem Knecht des Hohenpriesters
und hieb ihm sein rechtes Ohr ab.
Da sprach Jesus: Lasst ab! Nicht weiter!
Und er rührte sein Ohr an und heilte ihn.
Jesus aber sprach zu den Hohenpriestern und Hauptleuten des Tempels und den Ältesten, die zu ihm hergekommen waren:
Ihr seid wie gegen einen Räuber mit Schwertern und mit Stangen ausgezogen?
Ich bin täglich bei euch im Tempel gewesen,
und ihr habt nicht Hand an mich gelegt.
Aber dies ist eure Stunde und die Macht der Finsternis.
Wort unseres Herrn Jesus Christus. (Lk 22,47-53)
- Das Ohr wächst wieder an – Gedanken zum Evangelium
Liebe Gemeinde,
wahrhafte Kunst trägt etwas Doppeldeutiges und Widersprüchliches an sich. Sie verbindet etwa Humor und Ernsthaftigkeit oder Licht und Schatten oder Leid und Hoffnung. In dem Glasbild der Künstlerin Ina Hossfeld in unserer kleinen Schwesterkirche in Weißenfels spiegelt sich dieses Prinzip wieder. Es zeigt das Gebet Jesu im Garten Gethsemane, das dem heutigen Predigttext von der Gefangennahme unmittelbar vorausgeht. Im Wechselspiel des Sonnenlichts mit dem geschliffenen farbigen Überfangglas entsteht ein Lichtgefälle, das den Boten Gottes im engen Kontakt mit dem Betenden darstellt. Sein Leid und seine Versuchung wird so in den Glanz Gottes gestellt. Die Wahrhaftigkeit der Kunst gibt also wieder, dass auch in der Finsternis Gott nahe ist.
So wird auch in der Schilderung der Gefangennahme Jesu sein Leid nicht allein in den Vordergrund gerückt. Das Leid ist unausweichlich, alles deutet darauf hin, dass Jesus im Anschluss an seine Gefangennahme leiden und sterben muss. Aber sie erschöpft sich nicht darin. Die drei Szenen dieser Geschichte malen ein Bild, dass aus Hell und Dunkel gestaltet ist. Die intime Geste des Kusses geht einher mit der Auslieferung Jesu; der kämpferische Angriff seiner Jünger verletzt einen der Häscher, aber Jesus heilt das abgeschlagene Ohr; sein unbehelligter Aufenthalt im Tempel steht der mit Waffengewalt erfolgenden Festnahme gegenüber.
Helligkeit und Dunkelheit ergeben ein realistisches Bild der Welt Jesu und der Welt überhaupt. Das Leid, die Gewalt, der Tod sind eine Realität, aber auch die Heilung, das Lichte, die Worte im Tempel, selbst die irritierende Zärtlichkeit des Judas.
Dabei ist festzuhalten, dass wir nicht nur im Leid Gottes Nähe erfahren können. Dieser Schluss von dem Leid der Welt, dass uns notwendigerweise zu den Freuden des Himmels führt, wurde oft als erzieherisches Mittel missbraucht, um Kontrolle und Macht auszuüben. Das Leid ist auf dieser Welt ein Zeichen menschlicher Gottesferne und deshalb unausweichlich. Allerdings und paradoxerweise ist Gott dann besonders nahe, wenn ich ihn im Leid fern glaube.
Dieser Glaube ist der Grund, weshalb Jesus seine Jünger bittet zu beten, damit sie der Versuchung widerstehen, Gott fern zu glauben, weil ihre Welt sich gottlos anfühlt; aber wo das Chaos und die Finsternis herrschen, ist Gott an ihrem Platz, denn sie ist Mutter und Schöpferin der Welt, indem sie das Chaos ordnet und sagt, es werde Licht. Selbst Jesus muss sich das in seinem Gebet vor Augen halten.
Das Leid führt zur Leidlosigkeit in einer leidvollen Welt, wobei aber nicht Leid selbst verherrlicht wird. Sondern im Gegenteil, es soll überwunden sein,
das Ohr wächst wieder an. Diese mittlere Szene hat deshalb mit ihrer Heilung eine besondere Stellung. Sie kehrt das schreckliche Geschehen für einen Augenblick um. Ein Leben wird nicht zerstört, sondern gerettet. Mitten in der Auslieferung und der Gefangennahme blitzt ein Zeichen der Hoffnung auf, dass es nicht finster bleiben wird. Das Leid ist nicht vermeidbar, weil es in der Welt herrscht, aber es wird ihm im selben Moment etwas entgegengestellt, weil Jesus an Gott festhält. Sonst bliebe ihm gar nichts.
Darin liegt ein Trost, eine Ermutigung, eine Hoffnung. An Gott festhalten. Weil er an uns festhält. Oder wie es in der fast trotzigen Bitte des Wochenliedes anklingt: Führst du uns durch raue Wege, gib uns auch die nötge Pflege. Ja, so soll es sein. Selbst die Gefangennahme Jesu erzählt davon, weil das Licht nicht ausbleibt in dieser Finsternis.
Amen.
- Sichere Zuflucht – Miteinander und füreinander beten
Beispielhaft für das Leid in der Welt beten wir heute für die Menschen in Tunesien, die unter der schweren Wirtschaftskrise im Land leiden,
weil Armut und Elend zunehmen.
Mit Sorge hören wir die Meldungen über die Unruhen in Tunesien.
Tausende Menschen demonstrieren gegen Präsidenten Saied.
Um die Probleme im Land zu verschleiern,
schürt er Rassismus und hetzt Menschen gegeneinander.
Der gesäte Hass treibt fürchterliche Taten hervor
und besonders Mädchen und Frauen leiden darunter.
Wir bitten Dich:
Steh den Opfern von rassistischem Terror in Tunesien bei.
Hilf allen, die das Land verlassen müssen, dass sie eine sichere Zuflucht finden.
Bewahre Tunesien davor, dass die Demokratie zugrunde geht.
Segne Helferinnen und Helfer vor Ort, die den Menschen beistehen, ihre Rechte zu verteidigen.
Sende Deinen Geist der Kraft und der Liebe und der Besonnenheit nach Tunesien,
und vereine uns in internationaler Gemeinschaft, dass dieses Land eine bessere Zukunft hat.
Vater unser im Himmel,
geheiligt werde Dein Name.
Dein Reich komme.
Dein Wille geschehe,
wie im Himmel, so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute.
Und vergib uns unsere Schuld,
wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung,
sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich und die Kraft
und die Herrlichkeit in Ewigkeit.
Amen.
- Segen
Es segne und behüte uns der allmächtige und barmherzige
Gott, Vater, Sohn und Heiliger Geist.
Er bewahre uns vor Unheil und führe uns zum ewigen Leben.
Amen.
(Pfr. Olaf Wisch)