Vierter Advent (19.12.)2021

  • Eröffnung

„Freuet euch in dem Herrn allewege, und abermals sage ich: Freuet euch! Der Herr ist nahe!“ Allewege sei Freude, wie es der Philipperbrief verheißt. Auf allen Wegen komme zu uns die Freude. Denn der Herr ist nahe!

  • Vom Himmel auf die Erde – Worte aus Psalm 102

Du aber, Herr, bleibst ewiglich
und dein Name für und für.
Du wollest dich aufmachen und über Zion erbarmen;
denn es ist Zeit, dass du ihm gnädig seist, und die Stunde ist gekommen
dass die Völker den Namen des Herrn fürchten
und alle Könige auf Erden deine Herrlichkeit,
wenn der Herr Zion wieder baut
und erscheint in seiner Herrlichkeit.
Er wendet sich zum Gebet der Verlassenen
und verschmäht ihr Gebet nicht.
Denn er schaut von seiner heiligen Höhe,
der Herr sieht vom Himmel auf die Erde,
dass er das Seufzen der Gefangenen höre
und losmache die Kinder des Todes,
dass sie in Zion verkünden den Namen des Herrn
und sein Lob in Jerusalem,
wenn die Völker zusammenkommen
und die Königreiche, dem Herrn zu dienen.

  • Ein Lied: „O komm, o komm, du Morgenstern“ (EG 19)
  1. O komm, o komm, du Morgenstern,
    lass uns dich schauen, unsern Herrn.
    Vertreib das Dunkel unsrer Nacht
    durch deines klaren Lichtes Pracht.
    Freut euch, freut euch, der Herr ist nah.
    Freut euch und singt Halleluja.
  2. O komm, du Sohn aus Davids Stamm,
    du Friedensbringer, Osterlamm.
    Von Schuld und Knechtschaft mach uns frei
    und von des Bösen Tyrannei.
    Freut euch, freut euch, der Herr ist nah.
    Freut euch und singt Halleluja.
  • Der Herr ist’s aber – Worte aus Lukas 1,26-38

Und im sechsten Monat wurde der Engel Gabriel von Gott gesandt in eine Stadt in Galiläa, die heißt Nazareth, zu einer Jungfrau, die vertraut war einem Mann mit Namen Josef vom Hause David; und die Jungfrau hieß Maria. Und der Engel kam zu ihr hinein und sprach: Sei gegrüßt, du Begnadete! Der Herr ist mit dir! Sie aber erschrak über die Rede und dachte: Welch ein Gruß ist das? Und der Engel sprach zu ihr: Fürchte dich nicht, Maria! Du hast Gnade bei Gott gefunden. Siehe, du wirst schwanger werden und einen Sohn gebären, dem sollst du den Namen Jesus geben. Der wird groß sein und Sohn des Höchsten genannt werden; und Gott der Herr wird ihm den Thron seines Vaters David geben, und er wird König sein über das Haus Jakob in Ewigkeit, und sein Reich wird kein Ende haben.
Da sprach Maria zu dem Engel: Wie soll das zugehen, da ich doch von keinem Manne weiß? Der Engel antwortete und sprach zu ihr: Der Heilige Geist wird über dich kommen, und die Kraft des Höchsten wird dich überschatten; darum wird auch das Heilige, das geboren wird, Gottes Sohn genannt werden. Und siehe, Elisabeth, deine Verwandte, ist auch schwanger mit einem Sohn, in ihrem Alter, und ist jetzt im sechsten Monat, sie, von der man sagt, dass sie unfruchtbar sei. Denn bei Gott ist kein Ding unmöglich. Maria aber sprach: Siehe, ich bin des Herrn Magd; mir geschehe, wie du gesagt hast. Und der Engel schied von ihr.

  • Die Mutter meines Herrn – Gedanken zu Lukas 1

Maria heißt diese Mutter. Der Sohn heißt Jesus.
Der wird groß sein und Sohn des Höchsten genannt,
ihm wird der Thron seines Vaters David gegeben
und er wird König sein über das Haus Jakob
in Ewigkeit und das Reich wird kein Ende haben.

So ein Sohn wird das sein. Und Maria fragt: Wie soll das zugehen? Der Heilige Geist wird über dich kommen und die Kraft des Höchsten wird dich überschatten, lautet die Antwort des Engels.

Eine jüdische Geschichte ist das, Verheißungen der Heiligen Schriften werden endlich in Erfüllung gehen, und das Volk Israel aus Schmach und Schande erlösen.

Diese Geschichte beim Evangelisten Lukas ist aber ebenso die Grundlage einer ganzen Frömmigkeitskultur, der Marienverehrung, als Heilige Maria mit unbefleckter Empfängnis, mit leiblicher Auferstehung und sogar einer Himmelfahrt. Um es mit sehr einfachen Worten zu sagen: Nicht ganz so, aber fast so gut wie Jesus selbst,
die Gottesmutter. Und ja, es steht ja auch dort, Gottes Sohn wird er genannt werden.

So ist das, so macht das Gott im Himmel, wenn er auf die Erde kommt, als Neugeborenes, von Angesicht zu Angesicht. Bei Gott ist kein Ding unmöglich.

Was hat das aber mit der Mutter zu tun, mit Maria? Sie hat da schon eine besondere Aufgabe, keine Frage. Aber der biblische Text, der das Wirken des Heiligen Geistes
mit der Schwangerschaft Elisabeths erklärt und belegt, dass also diese hochbetagte Frau entgegen aller Erfahrung doch nicht kinderlos bleiben wird, ordnet auch die Geschichte Marias in die Geschichten der Erzeltern im Alten Testament ein: Abraham und Sara etwa, wobei letztere sich nicht nur freut sondern sogar darüber lacht,
dass sie doch noch schwanger werden soll. Sara, Elisabeth, Maria. Frauen werden schwanger. Obwohl sie naturgemäß nicht schwanger sein dürften. So einfach wie wunderbar ist diese Geschichte.

Und die Marienfrömmigkeit, ja, die hat vielleicht mit unserer tiefen Sehnsucht zu tun, dem Heiligen nah zu sein, aber ihm nicht zu nah zu kommen. Das anschaulichste Beispiel dazu habe ich in den Geschichten um Don Camillo und Peppone gefunden. Peppone, der kommunistische Bürgermeister, der sich in die Kirche schleicht, und um Hilfe bitten möchte, wendet sich eben nicht an Jesus, sondern an seine Mutter.
Sie kommt ihm unpolitisch vor. Nicht so wie ihr Sohn, der ja doch mit dem Vatikan
unter einer Decke stecken wird.

Hm, bei alledem frage ich mich auch, was da für ein Frauenbild vermittelt wird? Kinderlosigkeit als Schande? Frauen als unpolitische Wesen, die dann gut genug sind,
wenn das innere Kind mal Trost braucht?

Aber noch etwas erzählt mir die Geschichte Marias!
Dass bei Gott kein Ding unmöglich ist,
dass er sich denen zuwendet, von denen andere sich abwenden, von Angesicht zu Angesicht, ein Segen,
dass er sich also in einer Frau wiederfindet, einer Frau mit Haut und Haaren, so ganz menschlich, mit geplatzter Fruchtblase und Wehen und Nabelschnur.

Das ist die Geschichte. Darauf warten wir.

Und der Frieden Gottes, der höher ist als alle unsere Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Jesus Christus. Amen.

  • Deine Möglichkeiten, Gott – Miteinander und füreinander beten

Deine Möglichkeiten, Gott, lehre uns zu bedenken, nicht das, was wir Menschen für möglich halten, aus guten oder aus schlechten Gründen. Deine Wege, das Evangelium zu verkünden, deine Wege, Herr, den Menschen nah zu sein, deine Wege, jeden Menschen unablässig zur Umkehr zu rufen.
Bei allem, was wir tun, denken, wünschen und fordern, halte den Glauben in uns wach, dass deine Kraft in den Schwachen mächtig ist. Deshalb beten wir mit den Worten Jesu Christi:

Vater unser im Himmel,
geheiligt werde Dein Name.
Dein Reich komme.
Dein Wille geschehe,
wie im Himmel, so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute.
Und vergib uns unsere Schuld,
wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung,
sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich und die Kraft
und die Herrlichkeit in Ewigkeit.
Amen.

  • Segen

Es segne und behüte uns der allmächtige und barmherzige
Gott, + Vater, Sohn und Heiliger Geist.
Er bewahre uns vor Unheil und führe uns zum ewigen Leben.
Amen.

(Pfr. Olaf Wisch)


Hirtenwort zum Christfest 2021 (Kirchenleitung der EKM)